Bekanntlich ist die Dame die mächtigste Figur auf dem Schachbrett.
Doch wie auch sonst in der Schachwelt fanden und finden sich recht wenige Damen am Brett beim SC Hansa. Noch 1970, also kurz vor der Gründung der Schachabteilung beim RC „Hansa“, gibt der Deutsche Schachbund im „Industrie Schach-Echo“ (ISE) bekannt, dass nur rund 2% der organisierten Mitglieder in Schachvereinen Frauen sind. Laut Wikipedia sind aktuell nur vier Prozent aller Vereinsmitglieder in Deutschland weiblich, und wenn man die vergangenen fünf Jahrzehnte SC Hansa Revue passieren lässt, könnte diese Statistik auch in unserem Verein stimmen.
Zweifelsohne ist Inge Krüger mit der Mitgliedsnummer 7 das erste weibliche Mitglied des SC Hansa. Sie gehört zur ersten Gruppe von sieben Mitgliedern, die Klaus Neumann bereits im Januar 1974 zu „Hansa“ folgten, und übernahm die „Schriftführung“ der Schachabteilung.
Sie hatte eine herausragende Position bei der Organisation und Gestaltung des „Einladungsturniers“ vom 1.-30. März 1974. Ein acht Seiten langer und in wunderbaren Reimen verfasster Turnierbericht – eher Turniergedicht -stammt wohl aus ihrer Feder. Neben den 20 Teilnehmern und dem Turnierleiter ist sie als einzige Frau auf dem Titelblatt dieses Hefts zu erkennen. Überschrift: „Immer dabei !“
Gleich in der ersten Saison (1974/75), als Hansa an Wettbewerben der SG Dortmund teilnahm, war sie als erste Hanseatin an einer Dameneinzelmeisterschaft beteiligt:
Wenig später wechselte Frau Krüger allerdings zu einem Verein in Schüren und ist immer noch aktiv im Vereinsschach, übrigens auch als Schiedsrichterin. Sie ist seit 1994 die erste und einzige Ehrennadelträgerin des SVR (Schachverband Ruhrgebiet e.V.).
Als Gast des ersten Turniers der Schachabteilung lud Klaus Neumann eine prominente Dame ein, keine Geringere als die Weltmeisterin Nona Gaprindaschwili ein, die erste Schachspielerin mit einem GM-Titel.
Der Name Angelika André wird 1978 in einer „Mitteilungsinfo“ des Ruderclubs Hansa erwähnt. Im selben Jahr wird sie als erste Hanseatin Stadtmeisterin.
In einem weiteren Bericht heißt es, dass sie als Mitglied der Schachabteilung vom Ruderclub in Kreuztal bei Siegen die NRW-Meisterschaften der Damen gewonnen hat.
Statistiken der früheren Einzelmeisterschaften der Damen im Schachbund NRW oder in der SG DO finden sich allerdings nicht im Internet.
Elly Stief († 2020) spielte seit 1965 beim Schachverein Huckarde und wechselte mit ihrem Sohn Manfred Stief noch vor 1983 zu „Hansa“, als die Schachabteilung unter der Flagge der Ruderer am Brett kämpfe.
Bis einschließlich der Saison 1996/97 nahm sie regelmäßig an Vereinsabenden und Mannschaftskämpfen teil und organisierte gerne bei Sommerfesten auf „Gut Böckelühr“ vieles mit.
Claudia Heinisch. Bereits Mitte der 1980er gab es in der Jugendmannschaft ein „Mädchen-Brett“, wohl um Vereine dazu zu bewegen, auch Nachwuchsspielerinnen für die Vereine zu gewinnen. Die jüngere Schwester von Thomas Heinisch besetzte dieses Brett 1985/86 und begleitete ihren älteren Bruder am Spitzenbrett des Käthe-Kollwitz-(Schach)Gymnasiums bei der Meisterschaft 1985.
Hilke Rettig kam 1989 als Jugendliche zu Hansa und war 1992 inmitten einer Traube von Männern, die den Umzug in die „Wilhelm Busch Stuben“ als frische Vermählung feierten. Sie wurde in den 1990ern, ebenfalls mit dem Team des KKG, Schulschachmeisterin und nahm bis 1995 aktiv an Mannschaftskämpfen teil.
Jordanka Mičić (verh. Belić), die 1990 die Einzelmeisterschaft von (ehemals) Jugoslawien der Frauen und im selben Jahr die Offene Deutsche Meisterschaft gewann, bewegte die Figuren ab der Saison 1996/97 nicht nur am Spitzenbrett der Hanseaten im Ligabetrieb, sondern kämpfte im Viererpokal bis ins Finale für Hansa und holte 1997 den entscheidenden Punkt zum Pokalsieg.
Angela Giesenberg ist seit über 20 Jahren aktives Mitglied bei Hansa und somit die „Dienstälteste“ Dame bei Hansa. Jung, aktiv und dynamisch geblieben nimmt sie regelmäßig an den regen Spielabenden freitags teil und kämpft fleißig bei Hansa II um Brettpunkte.
Daniela König ist mit einer DWZ von etwa 1700 unsere spielstärkste Dame. Nach mehreren Jahren der Vereinszugehörigkeit (2012-18) und einer Babypause ist sie seit dem Sommer 2023 wieder an Bord bei Hansa.
Auch Petra Wilkins gehörte mehrere Jahre um 2010 zur kleinen weiblichen Fraktion des SC Hansa, bevor sie eine Schachpause machte und nun in Scharnhorst aktiv ist.
Maxime Faymonville, u.a. belgische Jugendmeisterin, fand im Rahmen der Coronapandemie nach fast zehn Jahren Schachpause 2021 zu uns.
Im selben Jahr nutzte Ilka Berger, ganz neu zum Schach gestoßen, die Möglichkeiten des SC Hansa, im Westpark im Freien zu trainieren und trat 2022 in den Verein ein.
Doch warum gibt es so wenige weibliche Mitglieder in Schachvereinen?
„Kulturhistorische Gründe“ werden laut Wikipedia für die Unterpräsenz der Frauen im Schach angegeben, indem sie über Jahrhunderte vom öffentlichen Leben und der ernsthaften Betätigung am Schachbrett ferngehalten wurden. Bis ins 20. Jahrhundert gab es laut dieser Quelle sogar Aufnahmeverbote für Frauen in Schachklubs.
Der Dortmunder Schachhistoriker Siggi Zill liefert mit einer Anzeige zur Gründung des ältesten Dortmunder Schachvereins, DSV 1875 einen Hinweis zu dieser These:
Und in der Dortmunder Zeitung, Donnerstag, den 10.11.1875, 48. Jahrgang Nr. 263, hieß es : „In Folge eines in diesem Blatte erlassenen Aufrufes, war gestern Abend eine Anzahl Herren in der Restauration Ritzefeld versammelt, um einen „Verein zur Pflege des Schachspiels“ ins Leben zu rufen.
Nur Herren waren aufgerufen und versammelt, keine Damen.
Forscher der University of Oxford und der Uni Tübingen geben im Jahr 2009 in einem Beitrag der Wochenzeitschrift „DER SPIEGEL“ an, dass „ein Prozess der Selbstselektion auf Basis biologischer Unterschiede“ als möglicher Grund für die Unterpräsenz von Frauen im Schach nicht auszuschließen ist. Aha!
Die Tatsache, dass Frauen im Top-Ranking aller Schachspieler der Welt selten vertreten sind, lässt sich einfach mit der Statistik erklären. Wenn nur 2-4% der Sportler einer Sportart weiblich sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Sportlerin an die Spitze kommt, nun mal viel geringer.
Dass Frauen es bis in die Weltspitze schaffen können, zeigte GM Judit Polgár, die im Juli 2005 mit einer Elo-Zahl von 2735 den Platz 8 der Welt belegte.
In den vergangenen 50 Jahren hat der SC Hansa weit mehr als 1.000 Mitglieder gehabt, unter ihnen geschätzt 30 weibliche.
Namen wie Sonja Schmidtke, Susanne Weiß, Jessica Hülsewig, Lieselotte Böckmann, Christina Chojnacki, Svetlana Kloster und Susanne Meyer tauchen in Listen und Berichten auf.
Susanne Meyer hat der SC Hansa im Übrigen die Vermittlung des neuen Spiellokals, Eugen-Krautscheid-Haus, zu verdanken. Einen herzlichen Dank an dieser Stelle dafür.
Aktiv in unserem Verein spielen derzeit vier Frauen und eine Jugendliche, Julia Sabat.
5 von 75 bedeutet eine beachtliche Quote „Frauenpower bei Hansa“. Es kommt also schon mal vor, dass gleich drei Damen bei einem Hansa-Achter am Brett sitzen.