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Nä, wat wor dat dann fröher en superjeile Zick

Nä, wat wor dat dann fröher en superjeile Zick oder Rückblick auf eine erfolgreiche Saison 2014 / 2015 in der Schachbundesliga

Ufuk Tuncer

(awa) Die Kölsche Fremdsprache sei mir an dieser Stelle bitte verziehen. Aber da ich seit bald 11 Jahren mindestens 5 Tage pro Woche beruflich in Köln verbringe, schleicht sich ein solcher Slang immer wieder einmal selbst bei einem bekennenden und gebürtigen Dortmunder Jung ein. Wie auch immer…

Die Saison 2014 / 2015 ist bereits seit bald 2 Monaten ad acta gelegt. Mit etwas Abstand und bevor die Erinnerung weiter verschwimmt, ist es an der Zeit, einen kleinen Rückblick anzustellen. Jeder Rückblick – so auch dieser – ist selektiv, subjektiv und oftmals auch unvollständig. Beschränken wir uns darauf, was aus einer an Höhepunkten sehr reichen Spielzeit auf die Doppelseite eines Blattes Papier passt.

Als Aufsteiger hat unser Team auf Platz 11 und mit 13:17 Punkten den Klassenerhalt letztlich recht sicher geschafft. Das Nikolauswochenende 2014 mit den 3 Siegen gegen den Reisepartner SF Katernberg, den SSC Rostock sowie den Bundesliga-Dino Hamburger SK werden ebenso in bemerkenswerter Erinnerung bleiben wie der sensationelle 4,5:3,5-Erfolg gegen den SV Mülheim-Nord, der nahezu mit einer reinen Amateurtruppe nicht nur erkämpft, sondern auch erspielt wurde.

Besondere Highlights waren auch die beiden Heimkampfwochenenden, die wir dank der großzügigen und großartigen Unterstützung der Spielbank Hohensyburg in der dortigen Veranstaltungshalle ausrichten durften. Nicht nur unser Reisepartner aus Katernberg, sondern auch unsere Gäste aus Hockenheim, Trier, Bremen und Emsdetten dürften Ambiente und Organisation dort genossen haben. Dass wir daheim nur gegen den SK Turm Emsdetten punkten konnten, hat aber nichts mit einem Heimkomplex zu tun. Denn mit Werder Bremen (Vizemeister), SV Hockenheim (3.) und SG Trier (5.) hatten wir Top-Mannschaften zu Gast in Dortmund. Insbesondere den Bremer Vizemeister brachten unsere Jungs gehörig ins Schwitzen.

Wie außergewöhnlich gut die Performance des Teams gewesen ist, lässt sich an einer anderen als der Schlusstabelle ablesen. Die Tabelle, die zeigt, welche Leistung die einzelnen Mannschaften relativ zu ihrer ELO-Spielstärke erzielt haben, weist unsere 1. Mannschaft mit + 80,4 an der Tabellenspitze aus. Real brachten die jeweiligen 8 Spieler durchschnittlich 2491 ELO-Punkte an die Bretter, die durchschnittliche Performance unseres Achters betrug 2571,4 ELO-Punkte.

Vor der Saison wurden wir sicherlich vielerorts belächelt. Mit Alexander Donchenko, Aryan Tari, Bence Korpa, David Antón Guijarro und Patrick Zelbel hatten wir bald eine Jugendmannschaft, insgesamt eines der jüngsten Teams in der Liga-Geschichte am Start. Dazu „wagten“ wir es auch noch, als erster Verein mit dem „Prinzen“ Alexander Donchenko einem deutschen Jugendlichen das Vertrauen zu schenken, das Spitzenbrett in der stärksten Schachliga der Welt zu verteidigen. Am Ende der Saison staunte man nicht schlecht über unsere „Krabbelgruppe“, die sich überall Respekt und Anerkennung verdient hatte. Das Konzept unseres Vereins, insbesondere auf junge und mitunter hierzulande noch unbekannte Akteure zu setzen, ging voll und ganz auf. Aber es waren nicht nur die jungen Wilden, sondern auch unsere Etablierten Großmeister und Schachfreunde aus dem Ausland, Róbert Márkus, Bartlomiej Herberla, Imre Héra und Emanuel Berg sowie unsere lokalen Größen Thomas Henrichs, Eckhard Schmittdiel, Olaf Wegener, Romuald Mainka, Ufuk Tuncer, Ralf Kotter und Frank Karger, die wesentlich zu einer herausragenden Saison beigetragen haben.

Wer und was bleibt in Bezug auf die individuelle Performance noch in Erinnerung?

Unser Dortmunder Jung Patrick Zelbel erspielte sich seine erste GM-Norm, im Übrigen war er der einzige Spieler, der in der gesamten Liga in der abgelaufenen Saison eine Norm erringen konnte. Mit seinem Partiegewinn gegen den Hockenheimer Zóltán Ribli erorberte er dabei auch den Skalp einer Schachlegende. Mit einem ELO-Plus von 24,0 belegt er zudem den Bronzerang in der Statistik der höchsten ELO-Gewinne. Mit einem ELO-Plus von 19,8 kam in dieser Wertung unser lupenreiner Amateur und Go-Progarmmierer-Weltmeister Frank Karger auf einen ausgezeichneten 7. Platz. Mit einer ELO-Performance von 2710 rangiert Róbert Márkus auf Rang 10 in der Wertung der erfolgreichsten Punktesammler nach ELO-Leistung ab mindestens 7 Partien. Aryan Tari spielte mit 151 Zügen die längste Partie der gesamten Saison. Mit Schwarz trotzte er in Eppingen dabei dem ungarischen Top-Spieler Csaba Balogh ein Remis ab, nachdem er tags zuvor gegen Baden Baden auch die Legende Alexei Shirov zur Punkteteilung zwang. Ebenso unvergessen bleibt Olaf Wegeners Triumph mit Schwarz über den Weltmeister-Besieger Arkadij Naiditsch. Dass ein Amateur wie Frank Karger mannschaftskampfentscheidend einen GM wie Mihail Saltaev bezwingt, ist genauso bemerkenswert wie der Triumph unseres Serien- und Rekordsiegers der Deutschen Polizei-Schachmeisterschaft Ralf Kotter im gleichen Mannschaftskampf gegen GM Michael Feygin. Dass unser Spitzenbrett Alexander Donchenko Weltklassespielern wie Levon Aronian und Pavel Eljanov Remisen abknöpfte, ließ mindestens genauso aufhorchen.

Die statistischen Details finden sich hier:

http://www.schachbundesliga.de/magazin/artikel.php?artikel=4604&type=2&menuid=82&topmenu=13

Wie bereits eingangs formuliert, ist diese Aufzählung der Highlights sicherlich alles andere als vollständig. Was aber keineswegs vergessen werden darf, ist das Fundament dieser erfolgreichen Truppe. Und das ist Team der Organisatoren und vielen helfenden Hände, von denen hier exemplarisch Wolfgang Prüske, Dr. Pouya Majdpour, Michael Babar und Ufuk Tuncer zu nennen sind. Die ersten 3 sind in unserem Verein seit Jahrzehnten bekannt. Ufuk Tuncer indes dürfte den meisten Hanseaten noch weitgehend unbekannt sein, vor allem weil er in Kornwestheim nicht gerade um die Ecke lebt und erst seit der vergangenen Saison zu uns gehört. Der FM, der 2 IM-Normen gesammelt hat, u.a. Elisabeth Pähtz trainiert, bekannter Autor für „New In Chess“ ist, hat zwar viel seltener in unserer 1. als in unserer 2. Mannschaft am Brett gesessen. Tatsächlich ist sein Beitrag an unserem erfolgreichen Projekt viel größer, als viele dies von außen auf den ersten Blick zu erkennen vermögen. Er war und ist, auch für die Saison 2015 / 2016, für uns im „Scouting“ sehr erfolgreich aktiv, findet solche „hidden gems“ wie z.B. David Antón Guijarro, knüpft die Kontakte, überzeugt solche Top-Spieler von unserem Projekt, bereitet die Spieler der 1. Mannschaft mit seinen Partiedatenbanken und den Recherchen, wer wo wann weltweit spielt, auf die Mannschaftskämpfe vor. Ufuk Tuncers Ideenreichtum und seine professionelle Arbeit sind unverzichtbar für das gesamte Team, ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Das ELO-Plus des Teams von 80,4 resultiert auch daraus, aus dieser professionellen Vorbereitung.

„Jugend forscht“, ein bemerkenswertes Projekt, mit vielen bemerkenswerten Personen, die herausragende Beiträge geleistet haben. Das macht Appetit auf die kommende Saison!

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