Die Covid-19 Pandemie hat bekanntlich dafür gesorgt, dass auch in der Schachwelt alle Figuren stillstehen. Der Spielbetrieb wurde in Deutschland spätestens im März auf allen Ebenen eingestellt, alle Turniere wurden weltweit abgesagt oder abgebrochen, selbst das ranghöchste Schachturnier der Welt, das Kandidaten-Turnier in Jekaterinburg/Russland und durch das gesetzlich vorgeschriebene „social-distancing“ ist der gewohnt gut besuchte Vereinsabend am Freitag bei SC Hansa Dortmund derzeit nicht denkbar.
So organisierte der Vorstand des SC Hansa bereits am 21. März das erste Online-Blitzturnier des Vereins und eine Woche später folgte das erste Online-Turnier mit Schnellschach vereinsintern, beide mit erstaunlich vielen Teilnehmern.
Das traditionell gut besuchte Oster-Blitzturnier des Vereins musste diesem Muster folgen und wurde somit unser erstes offenes Online-Turnier der Vereinsgeschichte. Am Karsamstag (11. April) war es um 17:00 soweit. 27 Teilnehmer sind dem Ruf des Hansa-Newsletters gefolgt und meldeten sich an. Als Plattform für das Turnier diente lichess.org, wo man mit einem vorher per Newsletter und auf der Homepage bekanntgegebenen Passwort teilnehmen konnte. Gesagt, getan, doch wer jetzt erwartet hat, dass ein Turnierleiter das Swiss-Programm anschmeißt und nach jeder Runde neue Paarungen zulost, musste sich wohl etwas umstellen.
Im Unterschied zum klassischen Turnier gab es bei einem Sieg 2 Punkte und bei einem Remis einen. Siegte man ein zweites Mal gegen denselben Gegner, gab es dafür 4 Punkte, soweit ich die Regelung verstanden habe [4 Punkte bekommt man, wenn man ein zweites Mal in Folge gewinnt, Anm. d. Red.]. Man konnte auch durch Zufall beliebig oft gegen denselben Gegner dran kommen. So spielte ich 5 mal (immer mit schwarz) gegen meinen Vereinsfreund Bahram und konnte mich 4 mal mit viel Glück in ein Remis retten, während ich gegen andere nicht zum Zug kam [das System ist darauf ausgelegt, spielfreie Teilnehmer möglichst schnell wieder zu paaren; bei „nur“ 27 Spielern ist es relativ wahrscheinlich, dass immer wieder die selben Teilnehmer synchron spielen und zeitgleich fertig werden, Anm. d. Red.]. So sind die Regeln halt, wenn man sich online begegnet. Dafür konnte man jederzeit ein- oder aussteigen oder einfach eine Pause einlegen.
Ohnehin musste man das eine oder andere Mal erraten, wer nun der Gegenüber ist. Der Erfindung von Pseudonymen waren keine Grenzen gesetzt: Leichtmatrose, Wolke 2064 (ob das die gewünschte ELO war!?) oder attac49 (politische Anspielung oder einfach nur der Stil, wie derjenige Schach zelebriert) um ein paar Beispiele zu nennen. Schon sehr früh führte „DerRentner“ die Tabelle an und gewann auch alle seine 14 Partien. Als ihm der Sieg nicht mehr zu nehmen war, lehnte er sich wohl zurück und schaute sich das amüsante Spektakel (auch im Chat) in Ruhe an.
Der Osterhase hat mir geflüstert, dass es sich beim Sieger wohl um den ehemaligen Hanseaten IM Olaf Heinzel (s. Foto)
handelt. Olaf gehörte als einer der „Dortmunder Jungs“, also einheimischer Spieler, zum Kader des ersten Hansa-Bundesligateams 2011/12 und spielt derzeit bei der SG Trier 1877 in der 1. Rheinland-Pfalz-Liga quasi als Schachrentner. Seinen Namen hat er eigenen Angaben nach schon aus den 1990ern, als er häufig das heutige moderne Londoner System spielte, was seine Mannschaftskollegen als langweiliges Rentnerschach bezeichneten.
Hinter ihm wurde der derzeitige dänische Kaderspieler des SC Hansa, Niels Christensen, Zweiter und Stefan Schulze-Bergcamen alias „Brandenburger“ Dritter.
Einen kleinen Wermutstropfen gab es für uns auch, als das Turnier gegen 19:15 aufgrund von Serverproblemen unterbrochen wurde, insbesondere wohl für Bahram, weil ich mal wieder mit schwarz gegen ihn platt stand, aber die Partie zu meinem Glück nicht gewertet wurde. Nach einem Wiederstart etwa 10 Minuten später wurde das Turnier dennoch vorzeitig beendet. Am Spaß und dem Ergebnis hätten die letzten Minuten allerdings nicht mehr viel geändert.
Der SC Hansa bedankt sich herzlich bei allen Teilnehmern für die rege Beteiligung und wünscht allen in diesen schwierigen Zeiten vor allem eines: Bleibt gesund!