Der SC Hansa Dortmund 1 gewinnt seinen Kampf in der 2. Bundesliga beim Bochumer SV und macht einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt.
Jonasz Baum, der zum ersten Mal für Hansa am Start war, konnte direkt im großen Stil mit Opferangriff gewinnen. So brachte er Hansa nach nur zweieinhalb Stunden in Führung und es sah nach einem klaren Mannschaftssieg aus. Doch „natürlich“ kam es anders, da der Chronist sich nun aber erst einmal vom Mitfiebern erholen muss, mehr in Kürze.
Ein Blick auf die Aufstellungen:
Hansa fast in Bestbesetzung, immerhin ein ELO-Schnitt von annähernd 2400, Bochum hingegen wieder ohne die IMs Illner, Schneider und Heinbuch, somit „nur“ 2280 Punkte.
Allerdings verriet eine genauere Betrachtung, dass die Wertungsunterschiede wohl nicht der tatsächlichen Kräftedifferenz entsprechen dürften. Am Spitzenbrett musste Bartas Heberla mit Weiß gegen Mikhail Zaitsev antreten, der auch mit Schwarz nur alle zwei Saisons mal den vollen Punkt abgegeben muss.
Krystian Kuzmicz (2) hatte es mit Anna Zatonskih zu tun, die für ihr taktisches Spiel bekannt ist, wobei der Anzugsvorteil hier besonders wertvoll sein dürfte.
Vyacheslav Klyuner (3) traf mit Rafael Friedmann auf einen alten Mannschaftskollegen, von der Spielweise beider war hier nicht allzu viel Risikowillen zu erwarten, so dass ein Weißunentschieden wahrscheinlich war.
Gespannt durfte man auf Jonasz Baum (4) sein. Der 15-Jährige traf mit Schwarz auf Lars Jellinghaus, bei dem diese Saison bereits einige Nullen zu Buche standen.
An 5 brachte Dr. Christian Scholz die beigen Holzklötze gegen Dr. Matthias Kiese in Stellung. Hier war ein offener Schlagabtausch zu erwarten.
Dr. Arkadius Kalka (6) hatte es mit Uwe Pewny zu tun, ein Drachen schien am wahrscheinlichsten.
Etwas überraschend musste Hans Werner Ackermann an 7 gegen Matthias Krämer spielen, womit die Vorbereitung wahrscheinlich bereits hinfällig war.
Am 8. Brett traf Ralf Kotter mit Schwarz auf Dr. Jens Hinkmann. 250 ELO-Punkte mehr sahen zumindest auf dem Papier schon einmal gut aus.
Der Kampf ließ sich eher mäßig an.
„Bartas“ hatte am Spitzenbrett leichte Initiative und begann frühzeitig, seine Springer in die Nähe der gegnerischen Königsstellung zu beordern, += (alle Einschätzungen, soweit nicht anders erwähnt, gehen auf den Chronisten zurück, stärkere Spieler oder gar der Rechner werden des Öfteren anderer Meinung sein :-)).
Krystians Stellung schien relativ fest, nach anderthalb Stunden konnte ich Weiß höchstens „akademischen“ Vorteil zubilligen.
Bei Vyacheslav waren relativ bald die Damen und mehrere Leichtfigurenpaare getauscht. Ein Remis schien nur eine Frage der Zeit. Und so kam es auch nach 90 Minuten, Doppelturmläuferendspiel ohne Schwächen auf beiden Seiten, da war die Punkteteilung logisch.
Jonasz‘ Position war für mich völlig unklar. Er hatte einen Zentrumsisolani, dafür die aktiveren Figuren. Vom Gefühl hätte ich nach 90 Minuten die schwarzen Steine bevorzugt, auch wenn noch nichts Konkretes in der Luft hing. += aus Hansasicht
Christian hatte schöne hängende Zentrumsbauern, die Stellung sah sehr angenehm aus, weil mit f5 und d5 möglicherweise traumhafte Springerfelder winkten.
„Areks“ Drachen gefiel mir nicht, die weißen Bauern waren bereits weit vorgerückt und drohten, die Königsstellung zu attackieren, während das schwarze Läuferpaar noch nach Bewegungsfreiheit suchte (der Rechner ist komplett anderer Meinung, Arek stand besser).
Hans Werner stand angenehm, ohne dass etwas Konkretes zu sehen war.
Ralf war mit seiner Eröffnungswahl unzufrieden, „den Drachen mit Sf6 spiele ich eigentlich nicht so gerne, jetzt weiß ich wieder, warum“. Sein Gegner schien das zu spüren und brachte einen zweifelhaften Bauernvorstoß an, auf den Ralf etwas zurückhaltend reagierte. Leider schätzte er seine Stellung nach zuletzt 14. Lf4
als schlechter ein als sie war und willigte nach einem Blick auf die übrigen Bretter ins Remis ein. Nach 14. Te8 15. 0-0 La6 16. Te1, wie von Ralf richtig berechnet, hätte 16. … cxd4 Schwarz leicht in Vorteil gebracht, da Weiß nach 17. Lxd6 Tc8 18. Lb4 (um Te1 zu überdecken) Sc5 mehr oder weniger gezwungen ist, das Läuferpaar zu geben.
Doch die anderen Bretter berechtigten durchaus zur Annahme des Remisangebots, hatte Bartas nach gut zwei Stunden das deutlich angenehmere Spiel, Krystian keinerlei Probleme, Jonasz nach Figurenopfer bereits eine Gewinnstellung, Christian aufgrund seiner aktiveren Figuren deutlichen Vorteil und auch Hans Werner das bequemere Spiel. Selbst Arek stand mittlerweile mindestens ausgeglichen (der Rechner möge korrigierend eingreifen oder für immer schweigen).
Jonasz sammelte kurz darauf die gegnerische Dame ein, öffnete eine weitere Diagonale in die weiße Königsstellung und nahm die Glückwünsche seiner Mannschaftskameraden entgegen, toller Einstand! 2-1 für Hansa.
Nach drei Stunden Spielzeit informierte ich Brett 9 Niels per SMS „alles in Ordnung, am Anfang sah es nicht ganz so gut aus, aber mittlerweile hat Jonasz gewonnen und drei Bretter stehen klar besser, keines schlechter.“
Und so sah das aus: Bartas konnte das Läuferpaar gewinnen und drohte, die gegnerische Bauernstruktur am Königsflügel zu entwerten. ±
Krystian hatte mittlerweile zu einem massiven Bauernvorstoß am Königsflügel angesetzt, während das weiße Gegenspiel nicht so richtig zu erkennen war. ±
Christian hatte es tatsächlich geschafft, d5 und f5 mit seinen Springern zu besetzen. Auch wenn ich keinen „Ausmacher“ finden konnte, musste das gewonnen sein +-
Arek hatte die Partie gedreht, der gegnerische König hatte noch immer kein sicheres Haus gefunden, da der schwarze Läufer von h5 aus nicht nur den Vormarsch des weißen h-Bauern verhinderte, sondern auch die lange Rochade für Weiß verhinderte. ±
Hans Werner hatte eine Zentrumsstruktur mit e4 und c4 gegen e5, d6, c5 auf dem Brett, wobei die weißen Figuren d5 leichter erreichen konnten als die schwarzen d4. ±
Vielleicht hätten alle Spieler nun Remis machen sollen, das hätte fürs Endresultat keinen Unterschied gemacht und sehr viele Nerven und schwache Herzen geschont…
Die Zeitnotphase meinte es nicht gut mit uns.
Bartas stand noch immer besser, bei wenig Bedenkzeit wurden die Damen getauscht und er hatte Läuferpaar und einen entfernten Freibauern im Leichtfigurenendspiel, während sein Gegner als Kompensation einen Mehrbauern aufwies, allerdings als Trippel auf g7 bis g5.
Krystian hatte seinen Angriff etwas zu hastig durchgeführt und musste ins Leichtfigurenendspiel gegen das Läuferpaar gehen. Hier lag noch viel Arbeit vor ihm, um das Remis zu sichern.
Bei Christian waren die Damen vom Brett gegangen und im entstandenen Turmdoppelspringerendspiel war auf einmal nicht mehr klar, wer eigentlich besser stand. Zwar wies er die aktiveren Figuren und einen weit vorgerückten Freibauern auf d6 auf, allerdings war dieser einer von mehreren gefährdeten Bauern.
Arek hatte in Zeitnot vollkommen den Faden verloren, mit hängendem Blättchen gab er eine Qualität und mehrere Bauern für Aktivität. Doch als die 40 Züge geschafft waren, war klar, dass er nur noch „Schwindelchancen“ haben dürfte, da die gegnerischen Figuren noch immer etwas unkoordiniert wirkten. Allerdings drohte Weiß relativ einfach, seinen a-Bauern innerhalb weniger Züge bis zur Umwandlung nach vorne zu stoßen.
Noch schlimmer hatte es Hans Werner erwischt, in Zeitnot hatte er zugelassen, dass sein Kontrahent mit Turm und Dame die h-Linie einnahm. Der Angriff war dann schnell nicht mehr zu verteidigen, 2-2 nach gut vier Stunden.
Damit war klar, Bartas musste gewinnen, um zumindest das 4-4 zu retten, denn Christian konnte im Vierspringerendspiel nichts mehr unternehmen, ohne seinen wichtigen Zentrumsbauern zu verlieren, somit 2,5-2,5 nach mehr als viereinhalb Stunden.
Während die Kiebitze fachsimpelten, ob Bartas gewinnen könnte („ja“, „nein“, „vielleicht“, „es kommt darauf an“, „jein“, „eventuell“, …), platzte plötzlich Ralf in die Diskussion, „Arek gewinnt womöglich!“
Und tatsächlich, er hatte so lange seinen Gegner „beschwindelt“, bis dieser seine Dame ungünstig platziert hatte, wodurch Arek mindestens die Qualität zurückbekäme, bei anhaltendem Angriff.
Bartas kam währenddessen nicht über ein Remis hinaus, es fehlte – wie so oft im Endspiel – immer genau ein Tempo, um den vollen Punkt einzusammeln. 3-3.
Zum Glück konnte sich Krystians Gegnerin bei knapper Bedenkzeit nicht dazu durchringen, ihr Läuferpaar mit einem Scheinopfer aufzugeben, das es ihr ermöglicht hätte, in die schwarze Stellung einzudringen und den vollen Punkt einzufahren. So konnte Krystian nochmals umgruppieren und den Kopf aus der Schlinge ziehen, 3,5-3,5 nach fünfeinhalb Stunden.
Das Sahnehäubchen war dann Areks Partiegewinn, bei dem der Gegner mit 1. Ka1?
uns Kiebitzen ersparte herauszufinden, ob Schwarz nach 1. Sc2 Dg4 und 2. Se3 De4 gefunden hätte, wonach der Ta2 gefesselt ist und die schwarzen Drohungen – bei richtigem Spiel – durchschlagen. Im Unterschied dazu wäre 1. Sc2 Dxe1 2. Sxe1 Td1 3. Kc2 Txe1 lediglich für ein Remis gut gewesen, der a-Bauer wäre zu schnell.
Nach 1. … Dxe3 gab Weiß auf.
Endstand Bochumer SV – SC Hansa Dortmund 3,5 – 4,5.
Erkenntnis des Tages: Black is ok.
In der Tabelle schiebt sich Hansa damit auf den siebten Tabellenplatz und kann mit einem Punktgewinn in zwei Wochen daheim gegen Aachen den Klassenerhalt klarmachen.