Das war schon ein starkes Stück. Da erdreistete sich dieser Lausebengel, kaum die 30 überschritten und gerade mal ein gutes Jahr im Verein, bei der „Vereinsführung“ per Briefform anzufragen, wie es denn eigentlich mal mit Vorstandswahlen aussähe, einer Mitgliederversammlung, einer Vereinssatzung, all den Dingen, die bei Hansa bisher nicht nötig gewesen waren, weil doch alles lief.
Wolfgang musste diebisch grinsen, als er mir vor ein paar Monaten die Episode von vor 35 Jahren erzählte (der genaue Wortlaut kann von Vereinsmitgliedern übrigens in „Nomen Nescio“, der damaligen Mitgliederzeitschrift, Ausgabe 2-1986, nachgelesen werden).
Und tatsächlich, die „Vereinsführung“ reagierte, noch im gleichen Jahr wurde eine „Vollversammlung“ einberufen, es wurden Vorstandswahlen abgehalten und eine Satzung erarbeitet. Und weil Wolfgang nicht nur fordern konnte, sondern auch liefern, ließ er sich bereits im Folgejahr in den Vorstand wählen (2. Vorsitzender).
Überhaupt zeigte sich schnell, wie wichtig er für den Verein war, er engagierte sich in der Durchführung der Vereinsabende, brachte Ideen für neue Turnierformen ein (Thematurnier Isolanistruktur) und war eifriger Punktesammler für Hansa 2 sowie Ergänzungsspieler der 1. Mannschaft.
Ein Sprung in die Gegenwart.
Ein gemeinsames Turnier mit FS 98, mehrere Mannschaften bei der DSOL, eine Vereinsmeisterschaft über fünf Monate, Rückkehr der regelmäßigen Blitz- und Schnellschachturniere. Am 10. Dezember war Wolfgang auf unserer Mitgliederversammlung zum neuen Spielleiter des SC Hansa gewählt worden, nun sprühte er vor Elan und Plänen.
Per Mail hatte er bereits im Vorfeld Konzepte, wie man Verschiedenstes umsetzen könnte, geliefert und ausgearbeitet.
Doch auch sein eigener schachlicher Terminkalender war gut gefüllt, für das Unna Open „zwischen den Jahren“ hatte er natürlich gemeldet. Überhaupt war sein Renteneintritt vor zwei Jahren Anlass, die schachlichen Ambitionen nochmals zu intensivieren. Mannschaftskämpfe, Turnierteilnahmen in Tegernsee, Oberhausen, beim „Unser Fritz-Open“, Eröffnungsstudium. Es hatte sich gelohnt: Nach einem kurzen Zwischentief stieg seine Wertungszahl wieder und es wurde Zeit, die 2100 ELO nochmals anzugreifen. Im August knüpfte er in der 2. Bundesliga IM Malykin noch ein Remis ab.
Durch Corona gab es leider viel zu selten Gelegenheit, die nötigen Punkte einzufahren. Im letzten Spiel gegen „SV Unser Fritz“ am 14. November zeigte Wolfgang am Spitzenbrett sein ganzes Können, Sizilianer aller Art, sein Metier, nach nur 26 Zügen gewann er durch eine tiefe Abwicklung Figur und Partie und brachte uns auf die Siegerstraße.
Wir können es einfach nicht fassen. Am 21. Dezember verstarb Wolfgang Burchert völlig unerwartet. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau.
Er wird uns fehlen.